Was ist Kulturvermittlung?
Eine Profession mit Zukunft
Vor vielen Jahren lud mich die Professorin für Kulturmanagement Birgit Mandel ein, einen Beitrag für den Reader Kulturvermittlung – zwischen kultureller Bildung und Kulturmarketing zu schreiben. Unter dem Titel «Kulturvermittlung ist Aufmerksamkeitsmanagement» zitierte ich eingangs Georg Franck: «In der Kultur zählt, wie in der Ökonomie, das Ergebnis. Der höchste Anspruch nützt nichts, wenn die Rezeption ihn nicht aufnimmt.»
Und weiter schrieb ich: «Ein Museum ohne Besucher, leere Zuschauerränge im Theater oder ein verwaister Lesesaal – der Erfolg jeder Kulturvermittlung steht und fällt mit der Aufmerksamkeit, die ihren Inhalten und Objekten zuteil wird. Diese Aufmerksamkeit will geweckt, unterhalten und gepflegt sein. Ohne ein Minimum an Beachtung fällt jede Form der Kulturvermittlung wie ein Kartenhaus in sich zusammen.»
Mit dieser quantitativen Dimension der Kulturvermittlung war der qualitative Anspruch allerdings stets mitgemeint. Oder um es mit Bertolt Brecht zu sagen: «Demokratisch ist es, den ‘kleinen Kreis der Kenner’ zu einem grossen Kreis der Kenner zu machen. Denn die Kunst braucht Kenntnisse.»
Seitdem hat sich die Kulturvermittlung entlang von Themen wie Teilhabe oder Partizipation weiterentwickelt: Relevante Kultureinrichtungen sind heute keine statischen Orte mehr, sondern Plattformen des Austausches und der Integration. Insbesondere im angelsächsischen Raum haben Einrichtungen wie der Reading Room in der Wellcome Collection oder Tate Exchange, eine Art Erfinderwerkstatt für Musik, Bildende Kunst und Digitale Medien innovative Formen der Kulturvermittlung gefunden und völlig neue Wege aufgezeigt, wie «Kenntnisse» zustande kommen.
Etwas zu kennen, um bei Bertolt Brecht zu bleiben, heisst immer auch, etwas verstehen zu wollen. Damit verschiebt sich das passive Rezipieren zum aktiven interessiert sein – ein feiner, aber zentraler Unterschied. Interesse lässt sich auch als inneres Wollen beschreiben. Wenn wir etwas aus eigenem Antrieb wissen wollen, sind wir intrinsisch motiviert. Und intrinsische Motivation ist wiederum durch nichts zu übertreffen, wenn es darum geht, etwas kennen und verstehen zu wollen.
Erfolgreiche Kulturvermittlung bemisst sich letztlich daran, inwiefern es gelingt, dieses innere Wollen zu wecken und zu nähren.